In der Medienberichterstattung findet sich mitunter der Vorwurf, Hefeextrakt sei eine Art „versteckter Geschmacksverstärker“. Doch welche Funktion hat Hefeextrakt tatsächlich in der Lebensmittelproduktion? Der EURASYP-Newsletter befragte hierzu den Experten Prof. Dr.-Ing. Achim Stiebing, Leiter des Instituts für Lebensmitteltechnologie.NRW an der Hochschule Ostwestfalen-Lippe, DLG-Vizepräsident und Kuratoriumsmitglied der Stiftung Warentest.
Hefeextrakt wird als Zutat kritisiert, weil er die Aminosäure Glutamat enthält. Wie bewerten Sie den Einsatz von Hefeextrakt in der Lebensmittelproduktion?
Hefeextrakt enthält die Makronährstoffe Proteine und Kohlenhydrate, zudem als Mikronährstoffe Vitamine und Mineralstoffe. Der Anteil an Glutamat ist gering – er beträgt üblicherweise weniger als 5 Prozent. Hefeextrakt ist eine natürliche Zutat und kein Zusatzstoff. In der Verwendung von Hefeextrakten bei der Herstellung von Lebensmitteln sehe ich sehr viele Vorteile – übrigens auch als Konsument – da bei optimierter Dosierung der Eigengeschmack herzhafter Erzeugnisse abgerundet werden kann.
Durch welche Zutaten gelangt natürliches Glutamat in Lebensmittelprodukte?
Bei Glutamat handelt es sich um das Natriumsalz der Glutaminsäure. Glutaminsäure kommt natürlicherweise in zahlreichen Lebensmitteln – auch den unverarbeiteten – vor. So ist in Fleisch, Fisch und Milchprodukten, aber auch in einigen Gemüsesorten Glutaminsäure enthalten. Besonders hohe Konzentrationen finden sich in Parmesankäse und Sojasauce, die sehr gerne auch bei der küchenmäßigen Zubereitung von Speisen zum Würzen verwendet werden.
Wie wirkt sich natürliches Glutamat grundsätzlich auf den Geschmack von Lebensmittelprodukten aus? Welcher Effekt wird erzielt?
Wird Glutamat als isolierter Reinstoff verwendet, so gilt es als Zusatzstoff und ist als Geschmacksverstärker in der Zutatenliste zu kennzeichnen. Hiermit wird der Eigengeschmack von Speisen unterstützt. Der Geschmackseindruck „umami“ kann mit „fleischig“, „herzhaft“ oder „würzig“ übersetzt werden und wird auch durch natürliche Glutaminsäure hervorgerufen. Umami zählt heute neben süß, sauer, salzig und bitter zu den fünf anerkannten Grundgeschmacksarten. Natürliches Glutamat hat eine geschmacksbetonende Wirkung, die es im Übrigen auch ermöglicht, den Salzgehalt der Lebensmittel zu senken, ohne merkliche sensorische Beeinträchtigungen in Kauf nehmen zu müssen.
Möchte die Lebensmittelindustrie bei der Entwicklung von Rezepturen und durch die Zugabe von Zutaten wie Hefeextrakt einen besonders hohen Glutamat-Anteil erreichen?
Hefeextrakt wird nicht aus Kalkül eingesetzt, sondern als würzende Zutat. Je nach gewünschtem Effekt sind die Dosierungen unterschiedlich: Zur Abrundung des Geschmacks sind die Zugabemengen sehr gering, bei dem Wunsch, bouillonartige Eindrücke zu erzielen, wie zum Beispiel bei vegetarischen Gerichten, deutlich höher. Der Mythos, Glutamat in industriell hergestellten Lebensmitteln könne über eine minderwertige Qualität hinwegtäuschen, ist jedoch schlichtweg falsch.